Die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sowie die Landespolizeipräsidien haben dazu kritische Stellungnahmen abgegeben. Justizminister Christian Heinz und Innenminister Roman Poseck lehnen das Gesetzesvorhaben ebenfalls ab.
„Nicht hinnehmbare Beschränkung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden“
Justizminister Christian Heinz kritisiert den vorgelegten Entwurf wie folgt: „Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen ist ein unverzichtbares Ermittlungsinstrument, um in abgeschottete Bandenkriminalität, in Strukturen organisierter Kriminalität und Terrorismus eindringen zu können. Gerade diese Kriminalitätsformen sind in höchstem Maße schädlich für unser Gemeinwesen und bedrohen die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wenn dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangt, wird der Einsatz von Vertrauenspersonen faktisch abgeschafft. Die vorgeschlagenen Regelungen würden das Vertrauen potenzieller und gegenwärtig tätiger Vertrauenspersonen in die verlässliche Einhaltung der Vertraulichkeit, das Kernelement der Zusammenarbeit zwischen Vertrauenspersonen und Strafverfolgungsbehörden, nachhaltig erschüttern. Personen, die zu einem Einsatz als Vertrauensperson bereit sind, würde es kaum noch geben, denn die durch den Referentenentwurf entstehenden Enttarnungsrisiken brächten sie in Gefahr für Leib und Leben. So ginge eine effektive Maßnahme der Strafverfolgung bei schwerer Kriminalität, vor allem bei Organisierter Kriminalität, verloren. Die Strafverfolgungspraktiker, prominent vertreten durch die deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte, sind sich einig, dass der Gesetzentwurf eine nicht hinnehmbare Beschränkung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden darstellt und daher abzulehnen ist. Ich werde mich an der Seite der hessischen und deutschen Strafverfolgungspraxis dafür einsetzen, dass Vorhaben gestoppt wird.“
Innenminister Roman Poseck bekräftigt die Kritik: „Um eine effektive Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität sicherzustellen, bedarf es des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen. Sie werden als Vertraute der Ermittlungsbehörden eingesetzt und tragen wesentlich zur Inneren Sicherheit bei. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Vertrauenspersonen künftig nur noch restriktiv eingesetzt werden dürfen. Die Vertrauensperson soll durch die Strafverfolgungsbehörden eng geführt werden, keine „eigene Agenda“ haben und sich auf die Aufklärung bestimmter Straftaten beschränken. Das bedeutet, dass sie nur noch auf bestimmte Verdachtsmomente hin ermitteln darf und „freie Ermittlungen“ nicht mehr möglich sind. Dadurch wird die Ermittlungstätigkeit deutlich beschränkt und die effiziente Aufgabenerfüllung unter anderem bei Ermittlungen in Drogenmilieus, gegen Menschenhändler und gegen extreme Netzwerke erschwert. Dies gilt es, in jedem Fall zu verhindern. Insgesamt muss sich die Bundesregierung fragen lassen, ob sie für die Innere Sicherheit oder Innere Unsicherheit stehen möchte. Eine Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichts zur Vorratsdatenspeicherung steht aus, es gibt keine Speicherung von IP-Adressen, um die Täter von Kindesmissbrauch aufzuklären. Auch werden die Nachrichtendienste entgegen der unter anderem durch den russischen Angriffskrieg gestiegenen Erfordernisse geschwächt statt gestärkt. Der Bund möchte außerdem die Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung in seinen Sicherheitsgesetzen stark einschränken und macht damit die Strafverfolgungsbehörden zu schwachen Wächtern unserer Werte. Aktuelle Vorhaben auf Bundesebene – Überwachungsgesamtrechnung, Freiheitskommission – und Positionierungen der Bundesregierung auf EU-Ebene bekräftigen diese falsche Grundeinstellung eindrücklich: Die Ampel irrlichtert durch die Sicherheitspolitik. In Anbetracht der vielfältigen Bedrohungslagen, denen wir ausgesetzt sind, brauchen wir eine Sicherheitspolitik aus einem Guss und keine Beschränkung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden.“